Charlottas fantastische Reise nach Flüsterleise

Was verbindet die 8-jährige Charlotta mit dem außerirdischen, kaffeesüchtigen Schaffner Rüdiger?

Zunächst nicht viel.

Erst als eine Umleitung beide zufällig an der Absturzstelle von Rüdigers Ufo zusammenführt, beginnt ihr gemeinsames und gefahrvolles Abenteuer zu den Sternen.

 

Ein satirisches Buch voll fantastischer und (un-) wahrscheinlicher Welten und Gedankenwelten.

 

Leseprobe

»Was ist denn so doof, Rüdiger?«
»Der Kaffee ist alle.«
»Das ist doof.«
»Und ich glaube, wir fliegen schon wieder in die falsche Richtung.«
»Schon wieder?«
»Ja.«
»Das ist aber schlecht.«
Das daddelanische Glubschauge glubschte, wobei nicht abschließend gesagt werden kann, ob es des falschen Kurses wegen war, oder doch wegen Charlottas kindlicher Äußerung. Charlotta indes reagierte auf das von Rüdiger Gesagte mit stoischer, ja, kindlicher Professionalität.
»Sag mal, Rüdiger, darf ich dich etwas fragen?«
»Jetzt nicht!«
»Was ist eigentlich passiert, dass der arme Kossin gestorben ist?«
»Nicht jetzt!«
»Es tut mir aber so leid, wegen ihm.«
»Nicht jetzt, ich muss sehen, wohin wir fliegen.«
»Seid ihr abgestürzt?«
»Ja, beim großen Fahrplan noch eins, sind wir. Irgendwie. Weiß auch nicht. Hab geschlafen, konnte mich aber noch rechtzeitig festhalten.«
»Und wieso ist Ewöm abgestürzt?«
»Weil dieser dämliche Vogel zu spät gebremst hat.«
»Oh nein, passiert ihr das immer?«
»Weiß nicht. War mein erster Flug«, erwiderte Rüdiger während er die umgebenden Sterne prüfte und scheinbar kurz überlegte. »Also, ja, im Grunde ist Ewöm das bisher immer passiert. Soweit ich weiß.«
»Meinem Papa ist das letztens auch mal passiert.«
»Was? Ist er abgestürzt?«
»Nein, er hat zu spät gebremst.«
»Und? Jemand dabei gestorben?«
»Mamis Tulpen.«
»Das tut mir leid. Armer Kerl.«
»Wer? Mamis Tulpen?«
»Ja. Hatte er Familie?«
Charlotta musste über diese Frage erst kurz nachdenken. Zögerlich erwiderte sie:
»Glaube nicht. Nicht in unserem Garten. Und Kossin? Hatte er Familie?«
»Woher soll ich das wissen? Ich spreche auf den Flügen nicht mit meinen Fahrgästen.«
»Aber hast du nicht gesagt, es war dein erster Flug?«
Über diese Frage musste nun Rüdiger nachdenken. Er zögerte.
»Hmm, ich wollte sagen, ich sollte mir wohl abgewöhnen, mit den Fahrgästen zu reden.«
»Wieso?«
»Weil ich das schon auf meinem ersten Flug nicht getan habe.«
»Was? Das Reden oder das Abgewöhnen?«
»Was weiß denn ich? Kannst du nicht einfach sitzen und den Flug genießen? Wir erreichen sicher bald Pst.«
Charlotta prüfte nun ihrerseits die Sterne um sich herum, die formlich an ihnen vorbeizufliegen schienen. Schnell. Atemberaubend schnell.
»Aber hast du nicht gesagt, Ewöm fliegt in die falsche Richtung?«
»Ja, richtig.«
»Also fliegen wir auch nicht nach Pst, oder?«
Rüdigers großes Auge starrte Charlotta an. Drei Arme deuteten Fassungslosigkeit an. Das lange, schwarze Haar wallte im Wind der Schwerelosigkeit.
»Du bist sehr mitteilsam, oder?«
»Ja, glaube schon. Mami sagt immer, ich rede so viel, da gehe ich bestimmt mal in die Politik, wenn ich erwachsen bin.«
»Was ist denn Politik?«
»Weiß ich nicht genau, aber ich will da nicht hin.«
»Wieso?«
»Weil Papa fast jeden Tag von der Scheißpolitik spricht und auf Politiker schimpft. Ist also bestimmt was Schlimmes.«
»Ach so. Ist wahrscheinlich sowas wie Stühlerücker.«
»Stühlerücker?«
»Frag nicht!« Damit drehte sich Rüdiger wieder um und wandte Charlotta den Rücken zu. »Ach, und nein, wir fliegen nicht nach Pst. Anscheinend geht’s nach Furunkulum.«

...

Frank Didden